Schriftliche 
Steuerberaterprüfung 2023

Themenauswertung der „Dauerbrenner“ und wichtige Tipps für 2023

Autorin: Dr. Elke Lehmann

1. Tag der schriftlichen StB-Prüfung: Teilaufgabe zur Erbschaft-/Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht

Der nachfolgende Beitrag widmet sich dem Erbschaft- und Schenkungsteuerteil des ersten Prüfungstags der schriftlichen Steuerberaterprüfung. Die Analyse der Prüfungsklausuren der letzten Jahre lässt feste Lösungsabläufe sowie regelmäßig wiederkehrende Themenschwerpunkte erkennen. Diese müssen Sie sich aneignen und am Ende Ihrer Prüfungsvorbereitungszeit sicher beherrschen, um ein Maximum an Punkten in der vorgegebenen Bearbeitungszeit erzielen zu können. Schließlich werden wichtige Hinweise für die anstehende schriftliche Steuerberaterprüfung 2023 gegeben.

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I. Allgemeines

1. Zur Klausur des ersten Prüfungstages

Der erste Klausurtag besteht aus den folgenden drei Teilen:

  • Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung (Teil I),
  • Umsatzsteuer (Teil II),
  • Erbschaft- und Schenkungsteuer (Teil III).

Für Teil III wiederum kann davon ausgegangen werden, dass Erbschaft- und Schenkungsteuer stets i. V. mit dem Bewertungsrecht geprüft wird. 

Der erste Prüfungstag ist regelmäßig hinsichtlich des Zeitmanagements der schwierigste. In den einzelnen Teilen werden sehr unterschiedliche Rechtsgebiete geprüft, die m. E. für die vorgesehene Prüfungszeit von sechs Zeitstunden – und damit für die zu erreichende Punktzahl – inhaltlich viel zu überfrachtet sind, so dass hieraus auch die eher weniger erfreulichen Ergebnisse resultieren. 

Neu in der Prüfung 2022 – und für das Zeitmanagement eigentlich positiv zu werten – war die Umsetzung des bereits vorab in den Ladungsschreiben für die schriftliche Prüfung angekündigten Ausweises der groben Punkteverteilung in den Prüfungsklausuren. Während es für die beiden anderen Teilaufgaben (Verfahrensrecht1 und Umsatzsteuer2 ) noch eine Unterteilung der jeweils zu erreichenden 35 Punkte gab, enthielt der Teil Erbschaftsteuer und Bewertungsrecht aufgrund des zu beurteilenden Gesamtsachverhalts insoweit aber lediglich den Hinweis, dass hierauf insgesamt 30 Punkte entfallen. Aufgrund der Bearbeitungszeit von insgesamt sechs Zeitstunden bedeutet dies, dass Ihnen nur etwa 1 Stunde und 48 Minuten zur Lösung der Teilaufgabe zur Erbschaft-/Schenkungsteuer/Bewertung verbleiben. Ihr Anspruch muss daher ausschließlich darin bestehen, möglichst alle Problemfelder mit Lösungsansätzen anzusprechen, um optimal zu punkten.

2. Zur Teilaufgabe zur Erbschaft- / Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht im Speziellen

Nach Auswertung der Prüfungsklausuren der letzten Jahre kann Folgendes konstatiert werden:

  • In den Prüfungsjahren 2018 und 2019 sowie in den davorliegenden Jahren war jeweils ein Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zu beurteilen. Die sich an die Sachverhaltsschilderung anschließende Aufgabenstellung war – wie in den Prüfungsjahren zuvor – im Wesentlichen die gleiche: „Ermitteln Sie (…) die zutreffend festzusetzende Erbschaftsteuer für den/die Erben.“
  • Die Prüfungsklausur 2020 sorgte dagegen für eine Überraschung, denn dem zu beurteilenden Sachverhalt in dieser Klausur lag eine Schenkung unter Lebenden zugrunde. Die Aufgabenstellung entsprach jedoch den bisherigen Aufgabenstellungen: „Ermitteln Sie die (…) festzusetzende Schenkungsteuer.“
  • In der Prüfungsklausur 2021 kehrte der Klausurersteller dann wieder zu einem zu beurteilenden Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zurück. Anders als in den Klausuren vor 2020 stellte jedoch lt. Aufgabenstellung der zu ermittelnde steuerpflichtige Erwerb als Bemessungsgrundlage für die festzusetzende Erbschaftsteuer bereits den Schlusspunkt der Lösung dar: „Ermitteln Sie den steuerpflichtigen Erwerb für den/die Erben.“ Diese Aufgabenstellung zielte m. E. insbesondere darauf ab, dass im Sachverhalt Angaben über den Besteuerungszeitpunkt hinaus enthalten waren, die rückwirkend zu einem Wegfall der Steuerbefreiungen nach §  13 Abs.  1 Nr. 4b ErbStG bzw. § 13a ErbStG führten. Darauf sollte offensichtlich in der Klausurlösung würdigend eingegangen werden.
  • Auch in der Prüfungsklausur 2022 war ein Gesamtsachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen zu beurteilen. Allerdings war hier nicht einmal mehr der steuerpflichtige Erwerb zu ermitteln. Vielmehr lautete die Aufgabenstellung: „Nehmen Sie zur Steuerpflicht Stellung und ermitteln Sie für Zwecke der Erbschaftsteuer die für die Erbin anfallende Bereicherung.“

Ausgehend von der Aufgabenstellung, die festzusetzende Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu ermitteln oder „nur“ die Bereicherung bzw. den steuerpflichtigen Erwerb, folgt der Aufbau der Klausur einer festen Lösungsstruktur. An dieser Struktur (Steuerpflicht, Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs [mit den Einzelschritten: Ermittlung des Vermögensanfalls, des Werts der Bereicherung und des steuerpflichtigen Erwerbs], festzusetzende Erbschaft- und Schenkungsteuer) orientiert sich die nachfolgende Themenauswertung.

II. Themenauswertung der StB-Prüfungen 2022–2018

1. Steuerpflicht

Sachliche Steuerpflicht: In den Prüfungsklausuren 2018, 2019 sowie 2021 und 2022 war jeweils ein Gesamtfall eines Erwerbs von Todes wegen durch Erbanfall (§  1 Abs.  1 Nr.  1 i. V. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) zu beurteilen. Erbe war entweder die Ehefrau (2018, 2021, 2022) oder das Kind (2019). Lediglich der Prüfungsklausur 2020 lag ein Gesamtfall einer Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) vom Vater an den Sohn zugrunde. Stets war also ein Erwerber der Steuerklasse I zu beurteilen. Persönliche Steuerpflicht: In allen Klausuren des betrachteten Zeitraums hatte entweder der Erblasser oder der Erwerber einen Wohnsitz im Inland i. S. des § 8 AO, so dass stets eine unbeschränkte persönliche Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG gegeben war. Im Rahmen der Steuerpflicht war weiter auf die Entstehung der Steuer, den Bewertungsstichtag sowie die Steuerschuldnerschaft einzugehen.

2. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs

Im Folgenden werden die wesentlichen Schwerpunkte der Ermittlung des Vermögensanfalls und des Werts der Bereicherung sowie Besonderheiten bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs in den einzelnen Prüfungsjahren kurz zusammengefasst.

a) Prüfungsjahr 2022

Vermögensanfall: 

  • Betriebsvermögen in Form einer KG-Beteiligung – Wertermittlung für das Gesamthandsvermögen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren, vorgegebener Substanzwert, Sonderbetriebsvermögen (Pkw), Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils nach § 97 Abs. 1a BewG, Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG (Optionsverschonung) inkl. gesonderter Feststellung gem. §  13b Abs.  10 ErbStG;
  • Erbbaugrundstück – Ermittlung des Bodenwertanteils (§  194 Abs.  3 BewG, nach der finanzmathematischen Methode, mit abweichenden Geschossflächenzahlen), Vereinbarung einer vollen Entschädigung für das zu Wohnzwecken vermietete Gebäude bei Ablauf des Erbbaurechts, kein § 13d ErbStG;
  • Übriges Vermögen – Sachleistungsanspruch auf Lieferung eines Grundstücks sowie Hausrat;
  • Besonderheit: nicht zum Nachlass gehörende (hälftige) Leistung aus einer Lebensversicherung (gemeinsamer Vertrag der Ehegatten), § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (für die Erbin neben (!) ihrem Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG).

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung:

  • §  10  Abs.  5  Nr.  1 ErbStG – Kaufpreisschuld bzgl. des zu erwerbenden Grundstücks.

b) Prüfungsjahr 2021

Vermögensanfall:

  • GmbH-Anteile (30 %): Wertermittlung für das Betriebsvermögen der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag (§  97 Abs. 1b BewG), Begünstigungsprüfung nach §§ 13a, 13b ErbStG inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG, begünstigungsfähiges Vermögen gem. §  13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, jedoch kein begünstigtes Vermögen, da der Anteil des Verwaltungsvermögens über 90  % lag (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG);
  • AG-Anteile: vorgegebener gemeiner Wert, begünstigungsfähiges Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG durch eine Poolvereinbarung nach Satz  2, Würdigung eines Verstoßes gegen die Behaltefrist gem. § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 4 ErbStG im ersten Jahr, somit keine Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG;
  • Grundstück mit vorgegebenem Grundbesitzwert (!), (anteilige) Prüfung der Anwendung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG, ggf. nach § 13d ErbStG, Verstoß gegen die zehnjährige Selbstnutzungsfrist für das selbstgenutzte Familienheim gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG im ersten Jahr, somit Wegfall der Steuerbefreiung;
  • Übriges Vermögen: Bargeld/Girokonto.

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung:

  • §  10  Abs.  5  Nr.  1 ErbStG – Abzug einer unverzinslichen Darlehensschuld (Fall des §  10 Abs.  3 ErbStG) mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert unter Berücksichtigung einer Aufschubzeit;
  • § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG – auflösend bedingtes Vermächtnis ggü. dem Sohn, wobei die auflösende Bedingung im Besteuerungszeitpunkt bereits eingetreten war, ein ggf. bestehender Pflichtteilsanspruchs wurde nicht geltend gemacht;
  • § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG – Abzug der über dem Pauschbetrag gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG liegenden Erbfallkosten inkl. Grabpflegekosten, deren Kapitalwert nach § 13 Abs. 2 Alternative 2 BewG zu berechnen war.

Steuerpflichtiger Erwerb: 

  • Abzug des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG;
  • Berücksichtigung des besonderen Versorgungsfreibetrags nach §  17 Abs.  1 ErbStG, vermindert um den nach §  14 Abs. 1 BewG zu berechnenden Kapitalwert einer nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Witwenrente.

c) Prüfungsjahr 2020

Wert der Bereicherung: 

  • Einziger (!) Schenkungsgegenstand: GmbH-Anteile (15 %) – Wertermittlung für das Betriebsvermögen der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren und Substanzwertermittlung bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag, integrierte gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für ein Betriebsgrundstück – Sonderfall der Bewertung von Grundstücken: Erbbaugrundstück (Wertermittlung nach der finanzmathematischen Methode, § 194 Abs. 3 BewG), § 97 Abs. 1b BewG, kein begünstigungsfähiges Vermögen gem. §  13b Abs.  1 Nr. 3 ErbStG;
  • Abzug von Erwerbsnebenkosten, die vom Beschenkten zu tragen waren, als Folgekosten dieser Vollschenkung;
  • Zu beachtende Besonderheit: Verpflichtung des Schenkers zur Übernahme der Schenkungsteuer (§ 10 Abs. 2 ErbStG), d. h., die ermittelte Schenkungsteuer war dem Wert der Bereicherung vor der Steuerübernahme hinzuzurechnen. Sodann waren der endgültige steuerpflichtige Erwerb und die letztendlich festzusetzende Schenkungsteuer zu berechnen.

c) Prüfungsjahr 2019

Vermögensanfall:

  • Betriebsvermögen in Form einer OHG-Beteiligung – Wert des Gesamthandsvermögens (Ansatz mit dem vorgegebenen Substanzwert als Mindestwert nach Abgleich mit dem vorgegebenen Gutachterwert nach IDW S  1), Sonderbetriebsvermögen (Darlehensforderung sowie unbebautes, nach §  179 BewG zu bewertendes Grundstück), Ermittlung des gemeinen Werts des Anteils nach §  97 Abs.  1a BewG, Begünstigung nach §§  13a, 13b ErbStG (Optionsverschonung) inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG;
  • Grundstück – Sonderfall der Bewertung von Grundstücken: Ermittlung des Grundbesitzwerts für ein (bislang unbebautes) Grundstück im Zustand der Bebauung nach § 196 Abs. 2 BewG mit der zu beachtenden Besonderheit abweichender Geschossflächenzahlen;
  • Übriges Vermögen – Bankguthaben sowie Hausrat.

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung:

  • § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG – Abzug einer unverzinslichen Darlehensschuld mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert sowie einer offenen Handwerkerrechnung (im Zusammenhang mit dem übertragenen Grundstück) mit dem Nennwert.

Steuerpflichtiger Erwerb:

  • Abzug des persönlichen Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG;
  • altersbedingt kein besonderer Versorgungsfreibetrag nach § 17 Abs. 2 ErbStG.

Festzusetzende Erbschaftsteuer:

  • Anwendung der Härtefallregelung gem. § 19 Abs. 3 ErbStG.

c) Prüfungsjahr 2018

Vermögensanfall:

  • Grundstück  1 (gemischt genutztes Grundstück im Inland) – Bewertung nach dem Ertragswertverfahren (u. a. Berücksichtigung einer umfassenden Modernisierung innerhalb der letzten zehn Jahre), jedoch Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG, partielle Inanspruchnahme des Befreiungsabschlags nach §  13d Abs. 1 ErbStG;
  • Grundstück  2 (zu Wohnzwecken vermietete Eigentumswohnung im Inland) – Ansatz mit dem vorgegebenen Grundbesitzwert, wegen vermächtnisweiser Weitergabeverpflichtung kein Befreiungsabschlag nach § 13d Abs. 1 ErbStG;
  • Grundstück 3 (vom Erblasser selbst genutzte Eigentumswohnung in Portugal) – Ansatz mit dem vorgegebenen gemeinen Wert nach § 12 Abs. 7 ErbStG, wegen vermächtnisweiser Weitergabeverpflichtung keine Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG;
  • Betriebsvermögen in Form eines Einzelunternehmens – vorgegebener Gutachterwert (nach IDW S 1), jedoch Ansatz des zu ermittelnden Substanzwerts bei fehlendem Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag als Mindestwert, begünstigungsfähiges Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, Begünstigung nach §§ 13a, 13b ErbStG (Regelverschonung) inkl. gesonderter Feststellung gem. § 13b Abs. 10 ErbStG;
  • Übriges Vermögen – in- und ausländische Bankguthaben sowie Hausrat und Pkw.

Nachlassverbindlichkeiten/Wert der Bereicherung:

  • § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG – Abzug eines niedrig verzinsten Fälligkeitsdarlehens mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert
  • § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG – Abzug von Vermächtnissen.

Steuerpflichtiger Erwerb:

  • Berücksichtigung des besonderen Versorgungsfreibetrags nach §  17 Abs.  1 ErbStG, vermindert um den nach §  14 Abs. 1 BewG zu berechnenden Kapitalwert einer Witwenrente.
Hauptthemenfelder 2022–2013
Prüfungsjahr2022202120202019201820172016201520142013
Anzahl der Sachverhalte11111131111
Steuerpflicht (Vorspann)
Sachliche Steuerpflicht          
- Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall
(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)
XX XXXXXXX
- Schenkung unter Lebenden durch freigebige Zuwendung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)  X       
Persönliche Steuerpflicht          
- Unbeschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG, mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG – Steuerschuldnerschaft)XXXXX XXXX
- Beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, mit Verweis auf § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG – Steuerschuldnerschaft)     X    
Entstehung der Steuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) in ...202120202019201820172016201520142012 (!)2012
Steuerklasse des Erwerbers = Erbe bzw. Beschenkter (§ 15 Abs. 1 ErbStG)IIIIIIIIII
(EF = Ehefrau, K = Kind)EFEFKKEFKEFKEFK
Hauptteil – Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der festzusetzenden ErbSt (§ 10 ErbStG i. V. mit R E 10.1 ErbStR)
Vermögensanfall
Grundvermögen (GV) / Betriebsgrundstück (BG)GVGVBGGVGVBGGVGVGVGV
- Bewertung (§ 12 Abs. 3 ErbStG) – Grundbesitzwert          
• Unbebautes Grundstück     X    
Bebautes Grundstück: Ertragswertverfahren (§§ 184–188 BewG), Sachwertverfahren (SV)    X  X (SV)XX
SonderfallX XX      
- Anwendung sachlicher Steuerbefreiungen (bzw. Negativabgrenzung)          
§ 13 Abs. 1 Nr. 4b bzw. Nr. 4c ErbStG X (neg.)  X (neg.) XX (neg.)XX (neg.)
§ 13d ErbStG bzw. § 13c ErbStG a. F.X (neg.)X  X  XX (neg.)X
Betriebsvermögen (EU bzw. Beteiligung an PersGes) Anteile an KapGes (GmbH)KGGmbH + AGGmbHOHGEUGmbHEUEUEUEU
- Bewertung (§ 12 Abs. 5 bzw. Abs. 2 ErbStG) – gemeiner WertGHV:GmbH:        
vereinfachtes Ertragswertverfahren (§§ 199–203 BewG)XXX   XXXX
Substanzwertermittlung (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG)XXX XX    
Ermittlung des Anteils an PersGes (§ 97 Abs. 1a BewG)X (mit SBV)  X (mit SBV)      
- Anwendung der sachlichen Steuerbefreiungen nach §§ 13a, 13b ErbStG bzw. §§ 13a, 13b ErbStG i. d. F. bis 30.6.2016 X/X (neg.)X (neg.)       
Regelverschonung    X  X X
OptionsverschonungX  X  X X 
Übriges Vermögen          
- Bewertung (§ 12 Abs. 1 ErbStG) / sachliche Steuerbefreiungen          
Kapitalforderungen – Nennwert (§ 12 Abs. 1 BewG) (Bankguthaben und z. T. Zinsberechnung / Kaufpreis-, Mietforderung) X XX  XX/XX/X
Lebensversicherung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) (Negativabgrenzung – nicht Bestandteil der Erbmasse)X       X 
Sachleistungsanspruch – gemeiner Wert (§ 9 BewG) (z. T. mit Negativverweis auf § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG)X      XX/XX/X
Hausrat – gemeiner Wert (§ 9 Abs. 1 und 2 BewG), Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStGX  XX     
Körperliche Gegenstände – gemeiner Wert (§ 9 Abs. 1 und 2 BewG), Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG    XX   X
Wert der Bereicherung          

Abzug von Nachlassverbindlichkeiten Erblasserschulden

(§ 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG i. V. mit § 10 Abs. 6 ErbStG)

          
- Rentenschuld – Kapitalwert (§§ 13, 14 BewG)       XXX
- Kaufpreisverbindlichkeit / Kapitalschuld / Steuerschuld – Nennwert bzw. Gegenwartswert (§ 12 Abs. 1 BewG)XX XXXX XX
- Verbindlichkeit Grunderwerbsteuer       X  
Erbfallschulden (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG)          
- Vermächtnisse X (neg.)  X X  X
- Hinweis auf Verzicht / nicht geltend gemachte Pflichtteilsansprüche X  X XXXX

►  Erbfallkosten (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG)

►  Abzug von Erwerbsnebenkosten (H E 10.7 Behandlung von

Erwerbsnebenkosten ... ErbStH)

XXXXX XXXX
Steuerpflichtiger Erwerb und festzusetzende ErbSt/SchSt
Freibeträge/steuerpflichtiger Erwerb          
- Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 ErbStG) XXXXX XXX
- Besonderer Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 bzw. 2 ErbStG – ggf. Kürzung (k) / Negativabgrenzung) X (k) X (neg.)X (k)  X (neg.)XX (neg.)
- Steuerpflichtiger Erwerb, Abrundung (§ 10 Abs. 1 Satz 1 und 6 ErbStG) XXXXX XXX
Ermittlung der Steuer – Bestimmung Steuersatz (§ 19 Abs. 1 ErbStG); Prüfung Härteausgleich (§ 19 Abs. 3 ErbStG)  XXXX XXX
Übernahme der Schenkungsteuer (§ 10 Abs. 2 ErbStG)  X       

III. Tipps zur Prüfungsvorbereitung

Entscheidend für Ihren Prüfungserfolg ist, dass Sie sich

  • zum einen das notwendige fachliche Rüstzeug zu den erbschaft-/schenkungsteuerlichen sowie bewertungsrechtlichen Prüfungsschwerpunkten aneignen und
  • zum anderen die spezifische Klausursystematik beherrschen.

Nachfolgend wird Ihnen – abgeleitet aus der Analyse der zurückliegenden Prüfungsklausuren – aufgezeigt, worauf Sie sich in Ihrer Prüfungsvorbereitung schwerpunktmäßig inhaltlich und klausurtechnisch konzentrieren müssen.

1. Sachverhalt und Aufgabenstellung

Wie bereits dargestellt, war in den zurückliegenden Prüfungsklausuren regelmäßig ein Gesamtfall eines Erwerbs von Todes wegen bzw. – in der Prüfung 2020 – ein Gesamtfall einer Schenkung unter Lebenden steuerlich zu würdigen.

Lesen Sie zunächst die Aufgabenstellung ganz genau und erfassen Sie, bis zu welchem Punkt Sie den Sachverhalt lösen sollen – bis zum Endpunkt, d.  h. bis zur festzusetzenden Erbschaft-/Schenkungsteuer oder „nur“ bis zum Wert der Bereicherung bzw. bis zum steuerpflichtigen Erwerb. Nur so können Sie den Sachverhalt zielgerichtet analysieren und die aufgeworfenen Rechtsfragen im gebotenen Umfang lösen!

Darüber hinaus enthielten die Aufgabenstellungen der zurückliegenden Prüfungsklausuren regelmäßig folgende Hinweise, die es sicher auch künftig zu beachten gilt:

  • „Begründen Sie Ihre Entscheidungen unter Angabe der maßgebenden Vorschriften.“ Dies heißt, dass Sie Ihre Klausur auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen – hier konkret des ErbStG sowie des BewG – zu lösen und zu begründen haben, im Zweifel nach Verwaltungsmeinung, konkret der ErbStR.
  • „Die Erbschaft-/Schenkungsteuerbelastung bzw. der steuerpflichtige Erwerb bzw. der Wert der Bereicherung soll möglichst gering gehalten werden.“
  • „Alle erforderlichen Anträge gegenüber dem FA gelten als gestellt.“ Bspw. im Zusammenhang mit der Begünstigung von Betriebsvermögen kann daraus geschlussfolgert werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die (antragsgebundene) Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG davon ausgegangen werden kann, dass ein entsprechender Antrag gestellt wurde.
  • „Notwendige gesonderte Feststellungen sind ggf. darzustellen.“ Darunter fallen in erster Linie die gesonderten Feststellungen des Grundbesitzwerts bei Grundstücken gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG sowie des gemeinen Werts bei Betriebsvermögens bzw. bei nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr.  2 bzw. Nr.  3 BewG. Und nicht vergessen: Sofern nicht explizit darauf verwiesen wird, dazu gehört auch die gesonderte Feststellung des Verwaltungsvermögens, der Finanzmittel etc. nach § 13b Abs. 10 ErbStG!
  • „Auf § 13a Abs. 4 ErbStG ist nicht einzugehen.“ Im Zusammenhang mit der Begünstigung von Betriebsvermögen ist somit auf die Lohnsummenregelung nach § 13a Abs. 3 ErbStG nicht einzugehen, weil auf die gesonderte Feststellung der Ausgangslohnsumme etc. gem. § 13a Abs. 4 ErbStG nicht einzugehen ist.
  • „Auf schenkungsteuerliche, umsatzsteuerliche, ertragsteuerliche Aspekte und/oder die Grunderwerbsteuer ist nicht einzugehen.“ Tangiert der erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Sachverhalt andere Steuerrechtsgebiete, soll darauf regelmäßig kein Bezug genommen werden bzw. der Hinweis auf schenkungsteuerliche Aspekte bei einem Erbschaftsteuersachverhalt soll einen Fall des § 14 ErbStG ausschließen.

Aus der jeweils im Wesentlichen gleichen Aufgabenstellung in den Prüfungsklausuren – die festzusetzende Erbschaftoder Schenkungsteuer bzw. den steuerpflichtigen Erwerb (bzw. die Bereicherung) zu ermitteln – folgt, dass die Klausurbearbeitung nach einem festen Prüfungsschema zu erfolgen hat, woraus sich eine feste Lösungsstruktur ergibt. Neben der Fokussierung auf die inhaltlichen „Dauerbrenner“ ist daher die Beherrschung dieses Prüfungsschemas, das in der Klausur zügig und konsequent „abgearbeitet“ werden muss, Dreh- und Angelpunkt für eine effiziente Punkteausbeute! Es bildet daher auch den Rahmen der nachfolgenden Tipps für Ihre Prüfungsvorbereitung mit einer vertiefenden Betrachtung der einzelnen Prüfschritte.

2. Prüfungsschema für typische Fallgestaltungen in der Stb-Prüfung

Das nachfolgende Schema veranschaulicht die Lösungsstruktur in ihren wesentlichen Lösungsschritten. Von im Einzelfall ggf. noch zu berücksichtigenden speziellen Anwendungsfällen des Gesetzes wird dabei abstrahiert4 .

Prüfungsschema zur StB-Prüfungsklausur aus dem Erbschaft-/Schenkungsteuer- und Bewertungsrecht

  1. Steuerpflicht (Vorspann)
    1. Sachliche Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 i. V. mit §§ 3–8 ErbStG);
    2. persönliche Steuerpflicht (§ 2 ErbStG);
    3. Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) = Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG);
    4. Steuerklasse/Steuerschuldner (§ 15 Abs. 1, § 20 ErbStG).
  2. Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der festzusetzenden Erbschaft-/Schenkungsteuer (Hauptteil) § 10 ErbStG i. V. mit § 12 ErbStG unter Heranziehung der einschlägigen Regelungen des BewG:
    1. Ermittlung des Werts des Vermögensanfalls
      Bewertung der übergehenden Vermögenspositionen (§ 12 ErbStG) und Berücksichtigung sachlicher Steuerbefreiungen (§§ 13, 13a–13d ErbStG) = Wert des gesamten Vermögensanfalls;
    2. Ermittlung des Werts der Bereicherung
      • Erwerb von Todes wegen: Abzug von Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5–9 ErbStG);
      • Schenkung unter Lebenden:
        • Vollschenkung: Abzug ggf. anfallender Erwerbsnebenkosten (H E 10.7 ErbStH);
        • Gemischte Schenkung/Schenkung unter Auflage: Abzug der Gegenleistungen und/oder Auflagen sowie ggf. anfallender Erwerbsnebenkosten (R E 7.4 ErbStR i. V. mit H E 10.7 ErbStH) = Wert der Bereicherung;
    3. Ermittlung des Werts des steuerpflichtigen Erwerbs
      Abzug des persönlichen Freibetrags (§ 16 ErbStG) und – bei Erwerben von Todes wegen – ggf. des besonderen Versorgungsfreibetrags (§ 17 ErbStG) = Steuerpflichtiger Erwerb;
    4. Ermittlung der festzusetzenden Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer
      Steuerpflichtiger Erwerb x Steuersatz (§ 19 Abs. 1 und ggf. Abs. 3 ErbStG) = Festzusetzende Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Zu Tz. 1: Steuerpflicht (Vorspann) Im ersten Schritt, dem sog. Vorspann, müssen Sie konkret auf die folgenden Punkte eingehen:

a) Sachliche Steuerpflicht

Hier dürfte davon auszugehen sein, dass dem Sachverhalt von den in § 1 Abs. 1 ErbStG aufgezählten Tatbeständen in erster Linie

  • ein Erwerb von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) oder
  • eine Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) zugrunde liegen wird.

Konkretisierend ist dann bei einem Erwerb von Todes wegen § 3 ErbStG bzw. bei einer Schenkung unter Lebenden § 7 ErbStG für den bzw. die zu beurteilenden Erwerber zu prüfen.

Bisher war stets nur eine erwerbende Person zu beurteilen – der Erbe/die Erbin bzw. der Beschenkte. Sollten mehrere Erwerber vorhanden sein, müssen Sie genau erfassen, wer lt. Aufgabenstellung – Erbe(n), Vermächtnisnehmer und/oder Pflichtteilsberechtigte – zu beurteilen ist, damit Sie weder zu viel noch zu wenig bearbeiten!

Erfahrungsgemäß steht bei Erwerben von Todes wegen der Erbe (Gesamtrechtnachfolger, §  1922 BGB) im Mittelpunkt der Betrachtung. Erbschaftsteuerlich ist somit ein Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG zu beurteilen. Damit verbunden – und bisher nur aus der Sicht der Auswirkung auf den Erben zu würdigen – sind das Vermächtnis sowie der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch nach §  3 Abs.  1 Nr.  1 Alternative 2 und 3 ErbStG. Sind Vermächtnisnehmer bzw. Pflichtteilsberechtigte, die ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht haben, vorhanden, hat dies Einfluss auf die Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs (i.  R. der Nachlassverbindlichkeiten) des zu beurteilenden Erben. Daher ist dies stets zu prüfen! Denkbar ist aber auch die Beurteilung eines Erwerbs nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, wie gerade die Prüfungsklausur 2022 gezeigt hat, d.  h. eines Vermögensvorteils auf der Basis eines Vertrags zugunsten Dritter.

Prüfungstypische steuerpflichtige Vorgänge (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG)
Erwerb von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 ErbStG)Schenkung unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 ErbStG)

Nr. 1:

►  Erwerb durch Erbanfall (Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB)

►  Vermächtnis (§ 1939 i. V. mit §§ 2147 ff. BGB)

►  Geltendgemachter Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff. BGB)

Nr. 4:

Jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten un- mittelbar erworben wird (§§ 328, 331 BGB), z. B. Ansprüche aus Lebensversicherungen, privaten Rentenversicherungen

Nr. 1:

Freigebige (unentgeltliche) Zuwendung, durch die der Empfänger objektiv auf Kosten des Zu- wendenden nach dessen subjektivem Willen bereichert wird (= Vollschenkung)

Sonderfälle:

► Gemischte Schenkung

► Schenkung unter Auflage

b) Persönliche Steuerpflicht

Dem zu beurteilenden Sachverhalt in der Prüfungsklausur dürfte vermutlich wieder schwerpunktmäßig die unbeschränkte persönliche Steuerpflicht gem. §  2 Abs.  1 Nr.  1 Satz  1 ErbStG zugrunde liegen, d.  h. die Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall, wenn der Erblasser, der Schenker oder der Erwerber Inländer war/ist. Hinsichtlich der Inländereigenschaft wird in den Prüfungsklausuren in erster Linie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG auf natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland abgestellt. Umfassende Kenntnisse der Definitionen „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ i. S. der §§ 8, 9 AO sind in diesem Zusammenhang gefragt. Für die unbeschränkte persönliche Steuerpflicht reicht es aus, wenn einer der am Erwerbsvorgang Beteiligten die Voraussetzungen eines Inländers erfüllt, also gem. §§ 8 , 9 AO seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die Steuerpflicht tritt dann für den gesamten Vermögensanfall ein, d. h. sowohl für das im Inland als auch für das im Ausland belegene Vermögen.

Jedoch kann auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass der Prüfungsklausur (wie in 2017) ein Fall von beschränkter persönlicher Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG zugrunde liegt, wenn weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erwerber Inländer ist, jedoch Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG übertragen wird. Beachten Sie insoweit auch, dass in §  121 BewG abschließend aufgeführt wird, was unter „Inlandsvermögen“ fällt. In einem solchen Fall ist sämtliches übergehendes Vermögen einer genauen Prüfung dahingehend zu unterziehen, ob es zum Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG gehört und damit in die weitere erbschaft- bzw. schenkungsteuerliche Betrachtung eingeht oder nicht. So gehörten bspw. in der Prüfungsklausur 2017 Bankguthaben bei einer inländischen Bank gerade nicht zum erbschaftsteuerlich zu berücksichtigenden Inlandsvermögen.

Persönliche Steuerpflicht (§ 2 ErbStG)
Unbeschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)Beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG)

Steuerpflicht für den gesamten Vermögensanfall im In- und Ausland, wenn

►  der Erblasser z. Zt. seines

Todes bzw. der Schenker z. Zt. der Ausführung der Schenkung oder

►  der Erbwerber z. Zt. der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG)

ein Inländer war/ist (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland, §§ 8, 9 AO)

Steuerpflicht nur bzgl. des

Inlandsvermögens i. S. des § 121 BewG

c) Entstehung der Steuer / Bewertungsstichtag

Völlig unproblematisch dürfte die Bestimmung des Bewertungsstichtags nach § 11 ErbStG sein, denn dieser entspricht dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer und damit dem im Sachverhalt ausgewiesenen Todestag des Erblassers bzw. dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung gem. §  9 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 ErbStG.

d) Steuerklasse / Steuerschuldner

Die Steuerklasse des Erwerbers nach § 15 Abs. 1 ErbStG wird an mehreren Stellen der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der Erbschaftsteuer benötigt. Daher empfiehlt es sich, diese vorab zu bestimmen. Erfahrungsgemäß wird zudem erwartet, dass im „Vorspann“ auch kurz auf die Steuerschuldnerschaft nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG eingegangen wird.

e) Weitere Punkte des Vorspanns

Mitunter soll bereits im „Vorspann“ auf Besonderheiten verwiesen werden, wie z. B., dass

  • eine vorliegende Witwenrente nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegt oder
  • der Schenker eine ggf. anfallende Schenkungsteuer übernimmt, so dass sich der Erwerb gem. § 10 Abs. 1 ErbStG um die übernommene Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG erhöht.

Formvollendet sollte dann der Übergang zum Hauptteil mit folgender Formulierung geschaffen werden.

Musterformulierung

„Als steuerpflichtiger Erwerb gilt gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. Von dem Vermögensanfall sind die Nachlassverbindlichkeiten gem. §  10 Abs.  1 Satz  2 ErbStG abzuziehen. Die Bewertung erfolgt gem. § 12 ErbStG nach den entsprechenden Regelungen des BewG.“

Bei einer Schenkung unter Lebenden in Form einer freigebigen Zuwendung sind anstelle von Nachlassverbindlichkeiten die vom Beschenkten getragenen Erwerbsnebenkosten bereicherungsmindernd zu berücksichtigen. Eine Abzugsbegrenzung i. S. des § 10 Abs. 6 Satz 4 ErbStG ergibt sich insoweit jedoch nicht. Bei einer gemischten Schenkung/Schenkung unter Auflage wären weiter von dem Steuerwert der Leistung des Schenkers auch die Gegenleistungen bzw. Auflagen abzuziehen (R E 7.4 Abs. 1 ErbStR).

Zu Tz. 2: Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und festzusetzender Erbschaft-/Schenkungsteuer 

Nutzen Sie zur Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs und der festzusetzenden Erbschaftsteuer das Ermittlungsschema in R E 10.1 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStR und bauen Sie die Klausurlösung konsequent danach auf!

a) Ermmittlung des Vermögensfalls

aa) Allgemeines

Betrachten Sie die übergehenden Vermögenpositionen i. R. der Ermittlung des Vermögensanfalls immer jeweils auf zwei Ebenen – der Bewertungs- und der Besteuerungsebene.

  • Bewertungsebene: Zunächst sind die Vermögenspositionen zu bewerten. Wegweiser, um zu einem für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke bewertungsrechtlichen Wert zu gelangen, ist die Anwendungsvorschrift des § 12 ErbStG („Bewertung“). Diese Vorschrift verweist auf die entsprechenden Regelungen im BewG, die für die Bewertung heranzuziehen sind. Die Zitierweise in der Klausurlösung muss daher, wenn es um die Bewertungsansätze geht, stets mit § 12 ErbStG und der Angabe des zutreffenden Absatzes beginnen!
  • Besteuerungsebene: Nach der Wertermittlung ist zu prüfen, ob für das jeweilige Vermögen eine sachliche Steuerbefreiung gegeben ist. Entsprechend der Systematik des ErbStG ist diese jeweils direkt bei den Vermögenspositionen zu berücksichtigen.

bb) Vermögenspositionen im Einzelnen

(1) Grundbesitz

(1) Grundbesitz 

Bewertungsebene 

Schwerpunktmäßig werden i. R. der Grundbesitzbewertung Grundstücke der Vermögensart Grundvermögen zu bewerten sein. Beachten Sie, dass die hierfür geltenden Bewertungsvorschriften auch anzuwenden sind, wenn Betriebsgrundstücke (§ 99 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit Abs. 3 BewG) i. R. des vereinfachten Ertragswertverfahrens oder bei der Substanzwertermittlung bzw. als Sonderbetriebsvermögen (wie z. B. in der Prüfungsklausur 2020) einzeln zu bewerten sind.

Bewertung von Grundvermögen im Überblick
Bewertung unbebauter Grundstücke (§§ 178–179 BewG)Bewertung bebauter Grundstücke (§§ 180–191 BewG)

Sonderfälle (§§ 192–196 BewG)

► Erbbaurechte
► Gebäude auf fremdem GruBo ► Grundstücke im Zustand der

Bebauung

MERKE: Die Bewertung der Sonderfälle beruht im Kern auf den Bewertungsvorschriften für unbebaute und bebaute Grundstücke.

Auch innerhalb dieser Bewertungsproblematik gilt es, sich die standardmäßig darzustellenden Lösungsschritte anzueignen und zu trainieren. Das gilt gleichermaßen für Standardformulierungen. So bedarf es bei der Bewertung von Grundstücken zunächst stets einer Einleitung, in der zu den konkret anzuwendenden Bewertungsregeln hinzuführen ist.

Musterformulierung:

 Bei Übertragung eines gemischt genutzten Grundstücks: „Das Grundstück (wirtschaftliche Einheit, § 2 BewG) ist Grundbesitz i. S. des § 19 Abs. 1 BewG, für das für Zwecke der Erbschaftsteuer gem. § 12 Abs. 3 ErbStG auf den Bewertungsstichtag (Todestag, § 11 i. V. mit 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bzw. bei einer Schenkung § 9 Abs. 1 Nr. 25 ErbStG) ein Grundbesitzwert gesondert gem. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG festzustellen ist. In dem Feststellungsbescheid sind nach § 151 Abs. 2 BewG mit anzugeben

  • gem. Nr. 1 die Art der wirtschaftlichen Einheit – bebautes Grundstück, gemischt genutztes Grundstück gem. § 180 Abs. 1 i. V. mit § 181 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 7 BewG (R B 181.1 Abs. 1 Nr. 5 ErbStR), da weder die gewerblich genutzte Fläche [Verhältnis von gewerblicher Fläche zu gesamter Wohn-/Nutzfläche = … %] noch die zu Wohnzwecken genutzte Fläche [Verhältnis von Wohnfläche zu gesamter Wohn-/Nutzfläche = … %] mehr als 80 % beträgt und somit weder ein Geschäfts- noch ein Mietwohngrundstück vorliegt und es sich auch nicht um ein Ein-/Zweifamilienhaus bzw. Wohnungs- oder Teileigentum handelt;
  • gem. Nr. 2 die Zurechnung – Erwerber zu 1/1 (§ 39 Abs. 1 AO).“

Anknüpfend an den Verweis auf § 157 BewG im § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG ist wie folgend fortzufahren:

Musterformulierung: 

„Nach §  157 Abs.  1 BewG ist der Grundbesitzwert nach den tatsächlichen Verhältnissen und den Wertverhältnissen zum Bewertungsstichtag festzustellen und gem. § 157 Abs. 3 i. V. mit §§ 176 ff. BewG zu ermitteln. Die Bewertung richtet sich dabei grundsätzlich nach dem gemeinen Wert gem. §§ 9, 177 Abs. 1 BewG.“ 

Sodann folgt die Anwendung der konkreten Bewertungsregeln.

Bewertung von Grundstücken
Unbebaute GrundstückeBebaute Grundstücke

Anwendung (§ 179 BewG)

Typischer Prüfungsfall: BRW-Anpassung bei abweichenden Geschossflächenzahlen (R B 179.2 Abs. 2 ErbStR i. V. mit H B 179.2 ErbStH)

►  Bestimmung der Grundstücksart (§ 181 BewG)

►  Bestimmung des anzuwendenden Bewertungsverfahrens (§ 182 BewG)

►  Anwendung des Bewertungsverfahrens (§§ 183–196 BewG)

Prüfung der Öffnungsklausel (§ 198 BewG)
= Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG gesondert festgestellter Grundbesitzwert

Ausländischer Grundbesitz ist nach §  12 Abs.  7 ErbStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen und unterliegt nach § 151 Abs. 4 BewG nicht der gesonderten Feststellung. Denken Sie daran, dass Ihnen bei der Bewertung von Grundstücken wertvolle Hilfsmittel in der Prüfung zur Verfügung stehen: Für die Ermittlung des Grundbesitzwerts nach dem Ertragswertverfahren bzw. nach dem Sachwertverfahren sollten stets die Ermittlungsschemata in H  B 184 ErbStH bzw. H B 189 ErbStH genutzt und die Lösungsschritte danach aufgebaut werden (Achtung: Besonderheiten werden nicht abgebildet!).

Besteuerungsebene

Nach der Wertermittlung ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für sachliche Steuerbefreiungen gegeben sind. In Frage können kommen:

  • § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG für das selbst genutzte Familienheim und/oder
  • § 13d ErbStG bei zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken/Grundstücksteilen. Häufig werden die zu beurteilenden Grundstücke teils zu gewerblichen Zwecken, teils zu eigenen und/oder zu fremden Wohnzwecken genutzt. Dann erfolgt für die Ermittlung der begünstigten Grundstücksteile die Aufteilung des Grundstücks im Verhältnis der Wohn- zur Nutzfläche.

(2) Betriebsvermögen bzw. nichtnotierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft

Absoluter „Dauerbrenner“, auf den Sie sich in Ihrer Prüfungsvorbereitung konzentrieren müssen, ist die Bewertung und Begünstigung von Betriebsvermögen (Einzelunternehmen, Beteiligung an einer Personengesellschaft), respektive von nicht notierten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft.6 Bewertungsebene Analog zur Vorgehensweise bei der Grundstücksbewertung ist standardmäßig mit einer Einleitung zu beginnen und zur konkreten Bewertung hinzuführen.

Musterformulierung

Bei Übertragung eines Gewerbebetriebs: „Bei dem Gewerbebetrieb i. S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 EStG handelt es sich um Betriebsvermögen gem. § 95 Abs. 1 BewG (wirtschaftliche Einheit des Betriebsvermögens gem. §  2 BewG). Für Zwecke der Erbschaftsteuer ist eine gesonderte Feststellung des Betriebsvermögenswerts gem. § 12 Abs. 5 ErbStG i. V. mit §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 157 Abs. 5 BewG auf den Bewertungsstichtag (§ 11 i. V. mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) durchzuführen. Die Zurechnung erfolgt gem. § 151 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BewG an den Erwerber zu 1/1, § 39 Abs. 1 AO (R B 151.4 Abs. 1 i. V. mit R B 151.2 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR). Der Bewertung sind die tatsächlichen Verhältnisse und die Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag gem. 157 Abs.  5 BewG zugrunde zu legen. Das Betriebsvermögen ist nach §  109 Abs.  1 Satz 1 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen, der gem. Satz 2 entsprechend § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln ist.“ 

Ausländisches Betriebsvermögen ist nach § 12 Abs. 7 ErbStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen und unterliegt nach § 151 Abs. 4 BewG nicht der gesonderten Feststellung. 

Bei nicht notierten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 97 Abs. 1 Nr. 1 BewG (typischerweise GmbH-Anteilen) wäre in gleicher Weise – ausgehend von § 12 Abs. 2 ErbStG i. V. mit §  151 Abs.  1 Satz  1 Nr.  3 BewG über §  157 Abs.  4 BewG – zu § 11 Abs. 2 BewG zu gelangen. Nach § 11 Abs. 2 Satz  1 und 2 BewG ist der gemeine Wert primär aus Verkäufen unter fremden Dritten abzuleiten, die innerhalb des letzten Jahres vor dem Bewertungsstichtag (§  11 ErbStG) stattgefunden haben. Kann der Wert daraus nicht abgeleitet werden, muss er nach einem Verfahren auf der Basis der Ertragsaussichten oder einer anderen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt werden. Das einzige im BewG in den §§ 199–203 BewG normierte Verfahren ist gem. § 11 Abs. 2 Satz 4 BewG das vereinfachte Ertragswertverfahren. Untergrenze des anzusetzenden Werts ist nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG der Substanzwert, sofern der gemeine Wert nicht aus Verkäufen abgeleitet wurde. Aufgrund der Ihnen in der StB-Prüfung zur Verfügung stehenden Hilfsmittel können Sie davon ausgehen, dass die Bewertung von Betriebsvermögen und von nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren vorzunehmen ist und/oder der Substanzwert zu ermitteln ist.

Bewertungsmöglichkeiten von Betriebsvermögen bzw. von nicht notierten Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in der StB-Prüfung (§ 12 Abs. 2 bzw. Abs. 5 ErbStG i. V. mit § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BewG, § 157 Abs. 4 bzw. Abs. 5, § 109 BewG)
Bewertung mit dem gemeinen Wert (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG)
Ableitung aus Verkäufen unter fremden Dritten innerhalb des letzten Jahres vor dem Bewertungsstichtag (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG)?
NeinJa
Wertermittlung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren
(§ 11 Abs. 2 Satz 4 BewG i. V. mit §§ 199–203 BewG)
 
Mindestwertprüfung
Substanzwertermittlung
(§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG [R B 11.5 und 11.6 ErbStR])
Bei Zwischenabschluss auf den BewertungsstichtagOhne Zwischenabschluss auf den Bewertungsstichtag
= Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Nr. 3 i. V. mit § 97 Abs. 1b BewG gesondert festgestellter gemeiner Wert

Der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG ermittelt sich wie folgt:

Ermittlung des Substanzwerts
WG des BV + Sonstige aktive Ansätze
./. zum BV gehörende Schulden oder sonstige Abzüge
= Substanzwert (Mindestwert) gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG

Für die Wertermittlung einer Beteiligung an einer Personen- gesellschaft ist § 97 Abs. 1a BewG zu beachten, der Ihnen die einzelnen Prüfungsschritte konkret vorgibt.

Besteuerungsebene

Nach der Wertermittlung sind auf der Besteuerungsebene die folgenden Prüfungsschritte einzuhalten:

  • Im ersten Schritt müssen Sie klären, ob überhaupt begünstigungsfähiges Vermögen i. S. des § 13b Abs. 1 ErbStG vorliegt, d. h. Betriebsvermögen i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bzw. Anteile an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Vergessen Sie auch nicht, die gesonderte Feststellung nach § 13b Abs. 10 ErbStG vor- zunehmen. Dies erleichtert Ihnen zudem in den weiteren Schritten die Berechnung des begünstigten und des steuerpflichtigen Vermögens.
  • Liegt dem Grunde nach begünstigungsfähiges Vermögen vor, müssen Sie im zweiten Schritt prüfen, wie hoch der Anteil des Verwaltungsvermögens i. S. des § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG ist. Ergibt die Prüfung i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG, dass der Anteil des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des begünstigungsfähigen Vermögens unter 90 % liegt, ist das Betriebsvermögen grds. begünstigt.
  • Im dritten Schritt sind das begünstigte Vermögen und das steuerpflichtige Vermögen unter Anwendung der zutreffenden Begünstigungsregelungen zu berechnen. Gehen Sie dabei strikt nach dem in R E 13b. 9 Abs. 2 ErbStR vorgegebenen Ermittlungsschema vor!
Ermittlung des begünstigten Vermögens
Gemeiner Wert des begünstigungsfähigen Vermögens
./. Steuerpflichtiges Verwaltungsvermögen
(Nettowert des Verwaltungsvermögens [§ 13b Abs. 6 ErbStG]
./. unschädliches Verwaltungsvermögen [§ 13b Abs. 7 Satz 1 ErbStG])
= Begünstigtes Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG

(3) Übriges Vermögen

Im Rahmen des übrigen Vermögens übertragene und nach §  12 Abs.  1 ErbStG zu bewertende Vermögenspositionen können sein:

  • Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände – Bewertung mit dem gemeinen Wert (§  9 BewG); Abzug des pauschalen Freibetrags nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a–c ErbStG in Abhängigkeit der Steuerklasse.
  • Sachleistungsansprüche, die sich im Wesentlichen auf körperliche Gegenstände beziehen und mit dem gemeinen Wert (§  9 BewG) zu bewerten sind und einer Negativabgrenzung zur Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst.  b bzw. c ErbStG bedürfen. Bezieht sich der Anspruch auf die Übertragung eines vom Erblasser erworbenen Grundstücks (wie in den Prüfungen 2022 und zuvor zuletzt 2014), ist bei im Erbfall noch nicht vollständig erfüllten Grundstückskaufverträgen die Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Erbschaftsteuerrecht zu beachten, so dass das Eigentum erst mit der Grundbucheintragung auf den Erwerber übergeht (R E 12.2 ErbStR).
  • Kapitalforderungen (§  12 BewG), wie (in- und ausländische) Bankguthaben, Zinsforderungen (ggf. mit Zinsberechnungen), (werthaltige) Mietforderungen bzgl. des mitübertragenen Grundstücks bzw. Darlehensforderungen – Bewertung mit dem Nennwert bzw. mit dem davon abweichenden Gegenwartswert (Fälligkeits- oder Tilgungsdarlehen, ggf. mit Aufschubzeiten).
  • wiederkehrende/lebenslängliche Nutzungen und Leistungen (§§  13, 14 BewG), insbesondere Nießbrauchrechte und Renten, deren Kapitalwert zu berechnen ist.

Unabdingbares Hilfsmittel für die Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von Nutzungen und Leistungen ist der Gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder betreffend die Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von Ansprüchen/Lasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer v. 10.10.20107 !

ab) Ermittlung des Werts der Bereicherung

Nach §  10 Abs.  1 Satz  2 ErbStG sind bei einem Erwerb von Todes wegen vom Vermögensanfall die nach §  10 Abs.  3–9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach §  12 ErbStG ermittelten Wert abzuziehen. Bei einer Schenkung unter Lebenden nach §  1 Abs.  1 Nr.  2 ErbStG entfiele dieser Punkt. Abzugsfähig sind aber anfallende Erwerbsnebenkosten als Folgekosten einer Schenkung8 sowie bei einer gemischten Schenkung oder einer Schenkung unter Auflage darüber hinaus die Gegenleistungen bzw. Auflagen (R  E 7.4 ErbStR), die nach §  12 Abs.  1 ErbStG insbesondere i. V. mit §§ 12–16 BewG zu bewerten sind. 

Hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten sollte grds. immer geprüft werden, ob diese nach § 10 Abs. 5 Nr. 1, Nr. 2 und/ oder Nr.  3 ErbStG abzugsfähig sind. Typische Nachlassverbindlichkeiten können sein

  • Erblasserschulden nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG:
    • Rentenschulden (als Teil des Kaufpreises bzgl. eines mitübertragenen Grundstücks), ggf. mit folgenden Parametern: lebenslängliche Rente, teils als abgekürzte, teils als verlängerte Leibrente sowie Zahlung an eine Person bzw. an zwei Personen; Abzug mit dem Kapitalwert nach §§ 13, 14 BewG i. V. mit dem jeweiligen BMF-Schreiben „… betr. Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung; Vervielfältiger für Bewertungsstichtage ab…“ bzw. dem Gleich lautenden Erlass v. 10.10.2010 (s. o.)
    • Darlehensschulden – analog der Darlehensforderungen – als Fälligkeits- oder Tilgungsdarlehen (unverzinslich, niedrig oder hoch verzinslich, ggf. mit Aufschubzeiten); Abzug mit dem vom Nennwert abweichenden Gegenwartswert nach § 12 BewG i. V. mit dem Gleich lautenden Erlass v. 10.10.2010 (s. o.).
    • Kaufpreisverbindlichkeiten korrespondierend zu Sachleistungsansprüchen; Abzug mit dem Nennwert (§ 12 BewG). – Hypothekenschulden – Abzug mit dem Nennwert (§ 12 BewG). Denken Sie daran, dass Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, soweit die Vermögensgegenstände, mit denen sie in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, steuerbefreit sind (§  10 Abs.  6 Satz  3 ErbStG). Das gilt jedoch nicht für Schulden im Zusammenhang mit dem einem pauschalen Freibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG unterliegenden Gegenstand (R E 10.10. Abs. 2 Satz 2 ErbStR).
  • Erbfallschulden nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG: Vermächtnisse, Auflagen, geltend gemachte Pflichtteilsansprüche (Hinweis geben, wenn noch nicht geltend gemacht bzw. bei Verzicht).
  • Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG: Bestattungskosten, …, Grabpflegekosten (ggf. mit Ermittlung des Kapitalwerts von unbestimmter Dauer gem. § 13 Abs. 2 Alternative 2 BewG), Steuerberaterkosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung usw.9 ; Abzug entweder mit dem Pauschbetrag gem. §  10 Abs.  5 Nr.  3 Satz  2 ErbStG oder Abzug der nachweislich höheren Kosten.

Beachten Sie bzgl. des Abzugs von Schulden, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenstände stehen, dass diese nach der Neuregelung des § 10 Abs. 6 Satz 5 ff. ErbStG allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zuzurechnen sind. Das gilt aber nicht für Erbfallkosten i.  S. des §  10 Abs.  5 Nr.  3 ErbStG. Ziehen Sie für die Berechnung des Abzugs solcher Schulden den Erlass v. 13.9.202110 heran.

ac) Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs

Auf dem Weg vom Wert der Bereicherung zum steuerpflichtigen Erwerb sind entsprechend zu berücksichtigen:

  • Abzug eines ggf. steuerfreien Zugewinnausgleichs für den überlebenden Ehegatten nach §  5 Abs.  1 ErbStG. Auch wenn in den bisherigen Prüfungsklausuren vorwiegend Gütertrennung gegeben war, wäre der Güterstand der Zugewinngemeinschaft und damit § 5 Abs. 1 ErbStG mit der Neuregelung in Satz 6 vorstellbar.
  • Hinzurechnung von Vorerwerben gem. § 14 ErbStG, auch wenn diese Thematik in den vorangegangenen Prüfungsklausuren nicht aufgegriffen wurde.
  • Abzug des persönlichen Freibetrags nach §  16 Abs.  1 ErbStG.
  • Prüfung der Abzugsfähigkeit des besonderen Versorgungsfreibetrags nach §  17 Abs.  1 bzw. Abs.  2 ErbStG, ggf. vermindert um den nach § 14 Abs. 1 ErbStG zu ermittelnden Kapitalwert eines nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden gesetzlichen Versorgungsbezugs. Denken Sie daran, dass der besondere Versorgungsfreibetrag nur bei Erwerben von Todes wegen und nur für Ehegatten/Lebenspartner und Kinder (altersabhängig) Anwendung finden kann!
  • Vergessen Sie nicht die Abrundung des steuerpflichtigen Erwerbs nach § 10 Abs. 1 Satz 6 ErbStG.

ad) Ermittlung der festzusetzenden Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer

Bei der Ermittlung der tariflichen Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer kommt es vor allem auf Folgendes an:

  • die Bestimmung des richtigen Steuersatzes nach §  19 Abs.  1 ErbStG in Abhängigkeit von der Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs und der Steuerklasse und
  • die Prüfung und ggf. Berechnung des Härteausgleichs nach § 19 Abs. 3 ErbStG. Vorschriften, die Einfluss auf die festzusetzende Erbschaftbzw. Schenkungsteuer haben, wie § 14 ErbStG (s. o.), § 19a ErbStG (Tarifbegrenzung bei Steuerklasse II und III), §  21 ErbStG (Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer), §  27 ErbStG (mehrfacher Erwerb desselben Vermögens), fanden in den Prüfungsklausuren bisher keine Anwendung. In Ihrer Vorbereitung sollten Sie diese Vorschriften dennoch nicht ganz vernachlässigen. Machen Sie sich mit diesen grds. vertraut, auch wenn sie bisher nicht geprüft wurden und auch sicher kein übermäßiger Punktebringer sind. Das gilt gleichermaßen für das Wahlrecht bei der Besteuerung von Renten, Nutzungen und Leistungen nach § 23 ErbStG und auch die zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeit einer Vor- und Nacherbschaft mit ihren erbschaftsteuerlich zu beachtenden Besonderheiten nach § 6 ErbStG.

IV. Ausblick: Schriftliche Stb-Prüfung 2023

Die Auswertung der Prüfungsklausuren der letzten Jahre zeigt, dass bei weitestgehend gleicher Aufgabenstellung und bei sich im Wesentlichen wiederholenden inhaltlichen Bausteinen („Dauerbrennern“), die Teilaufgabe zur Erbschaft-/ Schenkungsteuer und zum Bewertungsrecht gut zu bewältigen ist. Sicher ist die Bandbreite der Themen im Detail in den letzten Prüfungsklausuren vielfältiger geworden. Doch selbst wenn in den kommenden Prüfungen verstärkt etwa erbschaftsteuerliche Sondervorschriften, die bisher in den Klausuren nicht ihren Niederschlag gefunden haben, abgefragt werden sollten, dürften diese keine unüberwindbaren Hürden darstellen. 

Ob die Grunderwerbsteuer in den kommenden Prüfungen (wie 2014 und 2016) eine Rolle spielen wird, bleibt abzuwarten. Allen Prüfungskandidaten wird jedoch dringend geraten, in der Prüfungsvorbereitung diesbzgl. nicht „auf Lücke“ zu setzen. Die bisher grunderwerbsteuerrechtlich zu bearbeitenden Probleme waren lösbar und damit Punktelieferanten! 

Wollte man eine konkrete Prognose für die Prüfungsklausur 2023 abgeben, dürfte die Konstellation einer Fallgestaltung zur Ermittlung der festzusetzenden Erbschaft- oder Schenkungsteuer oder des steuerpflichtigen Erwerbs bzw. eben „nur“ des Werts der Bereicherung weiter vorrangig prüfungsrelevant sein. Die spannende Frage wird allerdings sein, ob es sich dabei um einen Sachverhalt eines Erwerbs von Todes wegen oder einer Schenkung unter Lebenden (ggf. einer gemischten Schenkung bzw. Schenkung unter Auflage) oder sogar – insbesondere unter dem Blickwinkel des §  14 ErbStG – um eine Kombination aus beiden Tatbeständen handeln wird. 

Ich wünsche Ihnen eine weiterhin gute Vorbereitungszeit sowie viel Erfolg im StB-Examen.

Über die Autorin 

 

 

Dr. Elke Lehmann

Dipl.oec.paed., Steuerberaterin, Berlin. Sie ist Dozentin für Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht und Bewertungsrecht und Ausbildungsleiterin bei Steuerlehrgänge Dr. Bannas, Köln.

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